Hot Hotter Juba

„How is Juba?“ frage ich Leute, die gerade von dort gekommen sind und irgendetwas zu erledigen gehabt haben. Mit einer fast schon typischen Handbewegung wischen sie sich über die Stirn und ich weiß jetzt schon was die Antwort sein wird: „Yeah, Juba! Juba is hot“.

Eine Reise nach Juba ist immer ein kleines Abenteuer. Für Jeden. Das beginnt schon mit der Entscheidung über das WIE und das WANN. Es fahren täglich kleine Busse (Matatu) in diese Richtung, die mit ihren religiösen Aufschriften über der Windschutzscheibe und ohne Klimaanlage, vollgepackt sind bis oben hin. Schachteln, Taschen, Kartons oder was die Menschen eben finden, um ihr Hab und Gut von A nach B zu transportieren. Eine Fahrt ab Kajo Keji County, nahe der Grenze zu Uganda, nach Juba dauert ca. 5 Stunden in der Trockenzeit. Die Strecke beträgt ungefähr 150 km und die „Straße“ ist ziemlich gewöhnungsbedürftig. Es ist ein ständiges Auf und Ab und ein liegengebliebenes Auto, ein Matatu mit offener Motorhaube oder ein Motorrad mit einer Reifenpanne auf der Reise in den Norden ist dabei keine Seltenheit.

Juba beginnt ganz langsam in der einsamen Vegetation im Süden des Sudans. Nach stundenlangem durchqueren mitten durch den Busch und der glühenden Hitze Afrikas, werden auf einmal kleine Tukuls sichtbar, die wie grau-braune Pilze aus dem Boden wachsen. Die Menschen tummeln sich zwischen den Müllbergen oder suchen Schutz vor der Sonne unter großen Mangobäumen. Es ist nicht ganz klar was eine befahrbare Straße ist oder was schon zum Privatgrund der einzelnen Familien gehört. Die kleinen Hütten stehen völlig wahllos und ohne Sinn und Ziel einfach in der Landschaft herum und um einen Weg zu finden, der weiter führt als ins nächste Wohnzimmer, ist nicht immer ganz einfach. Aber auch an das muss man sich gewöhnen, wenn man in Juba angelangt ist.

Juba ist laut. Juba ist dreckig und Juba ist tatsächlich H O T! Die Luft scheint fast greifbar zu sein und jeder Stillstand im regen Verkehr kommt einem Erstickungstod ziemlich nahe. Überall fahren Menschen mit ihren großen Autos kreuz und quer durch die Straßen, Boda-Bodafahrer tragen keinen Helm und die Menschen mit ihren alten Fahrrädern schlängeln sich meist sehr übermütig durch die Autokolonnen. Es ist einfach nur ein einziges Chaos mit Hupen, Blinken und Ausweichen. Verkehrsregeln gibt es nicht, geschweige denn eine klare Verkehrsführung. Links und rechts der Straßen sitzen oft Frauen, die gegrillten Mais oder frisches Brot verkaufen und ein Stück weiter türmen sich teilweise die Müllberge und die Ziegen stehen mittendrin. Auf den doch asphaltierten Straßen stehen alle 100 Meter in weiß gekleidete Polizisten mit Trillerpfeifen im Mund und trillern wild durch die Gegend. Was es heißt: keine Ahnung! Jeder Verkehrsteilnehmer hofft nur möglichst schnell an diesen Gesetzeshütern vorbeizukommen, denn wer stehen bleiben muss, muss meist auch tief in die Tasche greifen. Einen Grund zum Zahlen gibt es immer.

Juba ist mit den fast 180 000 Einwohnern die Hauptstadt des Südens und ein sehr lebendiges Fleckchen Erde. Schuhe, Kleidung, Handy, feinste Keramik für zu Hause, Gartenzäune, Holzkohle, Batterien, Zigaretten, Flatscreen, Kekse, Brot, Obst und Gemüse etc. werden zwischen heruntergekommenen Holzhütten, verrosteten Blechbarraken und hochmodernen Gebäuden verkauft. Fleisch, Eier oder selbstgemachte Köstlichkeiten brüten stundenlang in der Hitze und am Stand nebenan gibt es Coca Cola eisgekühlt. Es gibt Autowerkstätten, Fotostudios, Bäckereien, Friseur, Getränkehandel, Beautysalons, Restaurants ….irgendwie von allem etwas und doch wieder nicht. Sich hier zurecht zu finden ist eine Kunst für sich und ohne einheimische Begleitung ist es fast völlig unmöglich.Die Müllverbrennung findet vor der Haustür statt und gibt dem nächtlichen bunten Treiben noch das nötige Drama. Wenn die Straßen vor Staub ersticken, einem die Hand vor Augen verschwindet und die Menschen nur noch wie dunkle Figuren im Gegenlicht der Autoscheinwerfer erscheinen, dann weiß ich, ich bin in Afrika. Und es ist immer noch heiß.

Ich bin im Moment auf der Missionsstation der Comboni in Juba. Ich habe mich von meinem ländlichen Dasein in Kajo Keji für eine bestimmte Zeit verabschiedet und bin nun wirklich allein. Erst jetzt wird mir klar welchen Luxus ich eigentlich hatte, dort in meinem Tukul oder auch auf der Station. Hier kommt das Wasser, wenn Wasser überhaupt aus den Leitungen kommt…man könnte auch sagen es fabriziert eher Nebel…so heiß da her, dass ich erst das Wasser sammeln muss, warten muss, bis es kalt ist und dann eine Katzenwäsche machen kann. Es reicht gerade so richtig zum Zähneputzen. Das ich klebe wie ein Lutscher und stinke wie ein Iltis muss ich nicht erwähnen, oder? Mein kleines Zimmer steht vor Dreck und im Badezimmer liegen noch uralte Zähne vom Vorgänger herum, die vielleicht von einem tattrigen Priester vergessen worden sind, der sich wahrscheinlich bis heute noch denkt: irgendwas habe ich vergessen….!?

Die Menschen, die ich treffe sind sehr nett und das Treiben dieser Stadt ist noch etwas gewöhnungsbedürftig für mich. Die ersten Eindrücke von Juba sind sehr durchwachsen, aber ich fühl mich wohl. Ich werde ab morgen dann endlich eine Woche in meinem schon längst geplanten Deminer Camp sein. Mitten im Nirgendwo, mitten im Busch und einfach nichts um mich herum außer der wilden Natur Afrika´s. Ich bin schon ziemlich gespannt wie das werden wird. Ich allein als weiße Frau mit knapp 40 Soldaten der SPLA und den NAVY Guys. Mein Zelt steht schon, das weiß ich. Aber wie ich da hin komme? keine Ahnung. Ich musste ja auch unbedingt die einfache unkomplizierte Möglichkeit des „abholen lassen“ ablehnen und allein in Juba sein…. Naja, das wird schon. Es ging bisher immer irgendwie.

 © Corinna

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